So was gibt es auch in meinem Leben.

Als ich Hunde hatte, doch noch keine Kinder, sagten mir Freunde und Verwandte, wenn meine Kinder mal so gut erzogen sind wie meine Hunde, dann habe ich es richtig gemacht. Gerne wird auch gesagt, dass eine Familie erst mal einen Hund stubenrein bekommen sollte, bevor sie sich an das Experiment Kinder wagt.

Vorweg, meine Kinder sind klasse, eine Herausforderung an alles, was eine Mutter an Liebe und Fürsorge aufbringen kann. Auf der einen Seite an der Grenze der Liebenswürdigkeit, dann wieder kurz vor dem Wahnsinn. Eines habe ich gelernt, Kinder müssen ihren eigenen Willen formen und durchsetzen, meine Hunde sind mit meinem Willen zufrieden.

Familie allein geht aber nicht, der maßgeblich Beteiligte ist . Er sagt von sich selber, alles was sich nicht löten und schrauben lässt, damit kann er nix anfangen. Anfangs hat er wirklich alles gelötet und geschraubt, um es zu reparieren. Manchmal frage ich mich, wie wir das mit den Kindern geschafft haben. Im Laufe der Zeit hat er seine Bandbreite an Werkzeugen und Methoden erweitert und repariert fast alles. Wenn es nicht genug zum Reparieren gibt, dann kauft Harald sich auf ebay was Kaputtes, am besten gleich zwei unterschiedlich kaputte Gegenstände gleichen Modells, um es zu reparieren. Gelegentlich bleibt beim Reparieren was übrig, ab und zu funktionieren Kleinigkeiten nach der Reparatur nicht mehr, im Gesamten ist aber alles perfekt. Wenn man 60 GB Ipod mit Streifen im Bildschirm mag, wie ich beispielsweise. Ich brauch das Teil eh nur für die Musik. Die 60 GB sind allerdings verschwendet. Für mich nahezu perfekt. Ich erwische mich auch schon dabei, wie ich kaputte Dinge auf ebay kaufe.

Harald bräuchte in seinem Leben keine Hunde, Welpen sind für ihn nur kleine Hunde, die auf den Teppich pieseln. Kein kleiner Hosenpupser kann den beinharten Harald erweichen. Zumindest so lange das Teil noch nicht zum Hausstand gehört. Ist das Tier erst mal da, wollen sie alle seine Gunst gewinnen. Außer Duke, der hat das nicht nötig. Harald ist der einzige, der von Seven angegrins wird, Cola schläft gerne an seiner Seite und springt ihm auf der Tastatur rum. Nicht mal als Cola das Ladekabel vom Laptop durchgebissen hatte, war er sauer. Auch nicht, als das noch nicht ganz fertig reparierte Kabel (gelötet) 10 cm weiter unten bereits wieder eine Lücke aufwies. Kein Dreck, kein Haar, kein Platzmangel stört ihn, keine der vielen Tierarztrechnungen wird besprochen. Meine Tiere sind mein Glück, sie gehören einfach dazu, mit allen Konsequenzen, so denkt Harald. Danke.

Ob nun gelötet oder geschraubt, Harald und ich haben 1990 geheiratet, im Mai 1991 kam der Sohnemann zur Welt. Das erste Kind, mein Bruder hatte nach Montys Geburt seine Hand über den kleinen Kopf streichen lassen. Diese große Hand und der kleine Kopf, ich werde das nie vergessen. Monty war schon immer anders als andere Kinder, das erste Jahr hat er maßgeblich geschrieen und wenig geschlafen. Vermutlich war er einfach mit Denken und Rechnen beschäftigt und hat sich geärgert, dass er seine Gedanken nicht aufschreiben konnte. Später hat er am liebsten alleine gespielt. Als für die Kinder Sozialkontakte wichtig wurden, hat sich Monty ein Kind aus der Schule als besten Freund ausgesucht. Mehr brauchte er nicht. Seine Freundschaften hat Monty sehr bedacht gewählt, sie sollten beständig sein, nicht nur kurzfristige Oberflächlichkeiten. Montys Interesse gilt der Mathematik und Chemie, er ärgert sich darüber, dass er nicht auch noch Physik als Leistungskurs belegen durfte. Das kleine Genie bringt es fertig, eine Mathe-Klausur mit 15 Punkten zu schreiben, obwohl er seinen Taschenrechner vergessen hatte und keinen Ersatz bekam. Das hat er natürlich von mir. Neben seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten ist Monty unglaublich sozial eingestellt. Selbst kleine Schwankungen im Gemüt von anderen Menschen kann er wahrnehmen und reagiert darauf. Er ist ständig höflich und fröhlich, ein Typ, der mit einem Hund spazieren geht, der mit anderen Hunden nicht verträglich ist, und trotzdem immer neue Hundebekanntschaften knüpft. Monty zeigt nie seine Traurigkeit, seine Zweifel, seinen Kummer. Ich hoffe sehr, er kommt damit allein zurecht. Ein besonderes Steckenpferd begleitet Monty seit einiger Zeit, die Feuerwehr! Zweimal in der Woche ist er weg, lernt mit Feuer, Leben und Hilfestellung umzugehen. Er beseitigt Ölflecken nachts um zwei von der Straße, behebt Wasserschäden und lernt mit allem möglichen technischen Gerät umzugehen. Auto und Schuhe müssen parat stehen, denn wenn der Piepser losgeht, dann hält Monty nichts mehr. Eines Tages wird er Leben retten und nicht darüber sprechen.

Nur eineinhalb Jahre nach Monty kam in unser Leben geplumpst. Das kleine Kaiserschnittchen, ein Traumkind. Ein fröhliches Lachen, gurrende und glucksende Geräusche, das war Sina als Baby. Die restliche Zeit hat sie geschlafen. Schon sehr früh in ihrem Leben hat Sina eine ausgesprochene Affinität zu Schuhen entwickelt. Die kleinen Beinchen suchten sich immer zielsicher die höchsten Stiefel der Besucher raus, um darin rumzustaken. Als Kleinkind wusste sie noch nicht, was Hüte sind. Daher hat sie den Motorradhelm meines Bruders unbedingt probieren müssen. Zuvor stülpte sie sich noch die übergroßen Cowboystiefel meines Bruders über. So eingemummelt fiel sie einfach nach hinten weg. Sie war noch nicht so weit für diese Welt. Noch nie habe ich ein so begabtes Kind erlebt, wenn es um Ausbruchversuche ging. Mit zwei Jahren zog sie mit dem Dreirad eines Besuchskindes los, um die Welt zu erkunden, während die beiden Mütter auf der Terrasse Kaffee getrunken haben. Auf ihrem Weg warf sie den Korb am Dreirad weg, der gefiel ihr nicht. Mit drei Jahren beschloss Sina, ihr Fahrrad mit Stützen für einen Ausflug zu meiner Schwester zu nutzen. An der Hauptstraße wurde Sina von einer Mutter aufgegabelt, die über den ungewöhnlichen Namen ihres Bruders an meine Telefonnummer kam. Später im Kindergarten lief Sina davon, weil es Kürbiscremesuppe gab. Als sie Daheim niemanden fand, versteckte sich Sina in einem Baum am Spielplatz und sah zu, wie der ganze Kindergarten sie suchte. Erst eine Nachbarin erkannte Sinas Traktor auf dem Spielplatz und pflückte das Kind aus dem Baum. Mit 12 Jahren packte sie Fahrrad und Schultasche und lief vor mir davon. Grenzenlos ist sie, nicht unauffällig, wild und fröhlich. Liebenswert und ganz heftig pubertär. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Ihr dritter Vorname ist Ronja ...